Donnerstag, 10. Dezember 2009

Dritte Auflage der DVD 'Das Taiji-Prinzip'


Gerade frisch eingetroffen: Die dritte Auflage der DVD "Das Taiji-Prinzip (DVD) – mit Meister Jan Silberstorff". Damit ist diese DVD knapp vor den 8 Brokaten unser absoluter Bestseller. Den Preis haben wir zum feierlichen Anlass von 29 auf 25 € heruntergesetzt.
Hier der Link zum Reinschauen
Und hir nochmal kurz das Abstract:

Yin und Yang im Taijiquan -
Meister Jan Silberstorff erläutert das "Taiji-Prinzip" anhand des Chenstil-Taijiquan.
Der bekannte Chenstil-Meister Jan Silberstorff, einer der wenigen wirklichen Meister hier im Westen, erläutert das Prinzip der "Arbeit aus Dantian" an vielen verschiedenen Aspekten der alten inneren Kampfkunst "Taijiquan".Meister Jan Silberstorff sagt: "Es gibt viele verschiedene Taijiquan-Stile. Aber es gibt nur ein Taiji-Prinzip." Und das gilt es zu verstehen und umzusetzen, unabhängig davon, welchen Stil man praktiziert.Eine wahre Fundgrube an Informationen und praktischen Erläuterungen für Einsteiger und Fortgeschrittene! Laufzeit ca. 106 Min.

Dienstag, 8. Dezember 2009

Bildungsrevolution: Rezension eines begeisterten Lesers

Joachim Stuhlmacher,
Die Bildungsrevolution. Lernen und Lehren im Fluss kosmischer Energie.
Qigong im westlichen Bildungsalltag. - Lotus-Press 2001

Bei den „einfachen Wahrheiten“, die der Verfasser auch dankenswert einfach und direkt präsentiert, geht allen erzieherisch Tätigen das Herz auf – dazu gehört z.B. „die Tatsache, dass sie [die Schüler] das junge Yang darstellen, dass sie Bewegung brauchen und dass sie spielen können“ (S.113), mit der Folgerung (S.121) zum Schüler-Lehrer-Verhältnis:

„Das Yang ist extrovertiert, bewegungsfreudig, nach außen gerichtet, laut und aktiv, während es sich dann allmählich zum Yin hin ändert, welches eher introvertiert ist, bewegungsarm, nach innen gerichtet, leise und ruhig. Hier zeigen sich die großen unterschiedlichen Ansätze und Diskrepanzen, die dann ja auch im Bildungsalltag deutlich zum Vorschein kommen.
Einem Lehrer sitzen zumeist 20 oder noch mehr Schüler gegenüber, 20mal junges, seltener altes Yang gegen 1mal junges, manchmal schon altes Yin. Sie sehen doch sofort, dass hier von Harmonie und Ausgeglichenheit keine Rede sein kann, oder?“


Diese Zitate sind nicht nur repräsentativ für die im ganzen Buch vorherrschende (zu)packende Darstellung der „einfachen Wahrheiten“, immer als Dialog zwischen Autor und Leserschaft, mal mit Wechsel zwischen „wir“ und „du“ auf der Ebene der DAOistischen Philosophie (z.B. S.114), mal in der Wendung eines engagierten „ich“ zum „Sie“-Adressaten (z.B. S.94/95), immer mit dem offenen, nicht manipulativen Versuch, eine „wir“-Gemeinsamkeit herzustellen (passim)[1]. Die Zitate sind auch repräsentativ für die verständliche, souveräne Vermittlung der komplizierten philosophisch-medizinischen Tradition.
Das ist Programm für das ganze Buch, gilt also auch für den in diesen Zitat-Beispielen vorbildlich hergestellten „Bezug auf das vorangegangene Kapitel über `Yin und Yang´“(S.95):

„Es ist deshalb wichtig, das System hinter diesen Begriffen verstanden zu haben, besonders in der alltäglichen, ganz praktischen Bedeutung und Anwendung dieses Prinzips.“

Diesem Grundsatz wird das Buch voll und ganz gerecht: J. Stuhlmacher, offenbar selbst ein pädagogisches Naturtalent und Energiebündel, bringt es tatsächlich fertig, in einfacher, aber nie verzerrend vereinfachter Darstellung die nötigen Grundlagen zu vermitteln, wohldosiert in überschaubaren Kapiteln, die alles Nötige enthalten:

- „Grundlegende Begriffe in der chinesischen Energiearbeit“ („chinesisch“ meint das daoistische Konzept)
- „Energiekonzepte der Chinesischen Medizin“ (dieses Kapitel enthält viel, viel mehr als das TCM-Konzept!)
- „Die Energie-Leitbahnen“ (auch als Akupunktur-Punkte bekannt) und
- „Wichtige Energiezentren und –punkte“

Hoch zu schätzen, entsprechend dem ganzheitlichen Ansatz des Autors und dank dem engagierten Programm des Verlages, ist auch die Aufmachung des Buches, mit kalligraphischen Vignetten der chinesischen (Lang-) Schriftzeichen für „Dao“ (Weg) und „Qi“ (Energie u.v.a.)[2]. Positiv zu vermerken ist auch die Auswahl der traditionellen TCM- bzw. Akupunktur-Abbildungen zu den „Leitbahnen“ und der Einbau klarer Grafiken bzw. Strichzeichnungen. So wird eine gute Grundlage gelegt.

Diese Grundlagenkapitel, die immerhin und zu Recht die Hälfte des ganzen Buches ausmachen (S.13-94), bieten den verschiedensten Interessierten ganz Wesentliches: die absoluten Einsteiger durchwandern erstmals in wohlgeordneter Darbietung das ganze Modell, die Kundigeren haben die seltene Gelegenheit zu intensiver und schneller Überschau, selbst die langjährig damit Vertrauten finden bestimmt neue Ein- und Durchblicke. Nützlich, neben dem - noch ausbaufähigen – Glossar, sind auch die Literaturangaben, im Umfang eher sparsam, aber mit hilfreichen Kommentierungen, so dass man, unabhängig vom Vorwissen, wirklich Lust und Anregung zum Weiterlesen bekommt.
Fazit zu diesem Teil des Buches: Bisher habe ich ganz selten so wesentliche systematische Überblicke so gut zusammengefasst gefunden, vor allem die Organuhr mit praktischen Folgerungen (S.53ff.) und die „Fünf Wandlungsphasen“ (irreführend als „Fünf Elemente“ bekannter, worauf auch Bezug genommen wird, S.35ff.).

Die übrigen Kapitel bieten die Anwendung der gar nicht so theoretischen Theorie auf die keineswegs immer praktische Praxis:

- „Energiekonstellationen im Bildungswesen, dargestellt am Yin- und Yang-Prinzip“
(siehe dazu die Kostprobe am Anfang, zur Einordnung der Lebensalter nach Yin / Yang, S.121)
- „Schlüsselpunkte des Qigong“
- „Praktische Energieübungen“
- „Zum Schluss“ (genauer: Ermutigung, die `praktischen´ Hemmnisse zu überwinden....)

Dieser praktische Teil ist zugleich mehr und auch weniger als `nur´ anwendungs-bezogenen: Es geht darin, getreu dem Prinzip von Yin und Yang, um die alltäglich beobachtbaren Gegensätze – aber nicht als unüberbrückbar hinzunehmende Extreme, sondern als notwendige und zu verknüpfende Kontrastpaare, wie z.B. die Gegenüberstellungen „Lehrer / Schüler“, „Körper / Geist“, „Verstand / Gefühl“, „Ruhe“ / „Bewegung“, „voll“ / „leer“.
Wer das Buch zur Hand genommen hat, weil der Titel „Bildungsrevolution“ im Zusammenhang mit östlicher Philosophie neugierig macht, obwohl der „Fluss kosmischer Energie“ (Untertitel) vielleicht noch abschreckt, kann auch mit diesen Kapiteln beginnen und sich einfangen lassen von den bestechend einfachen Überlegungen, von den glücklicherweise gar nicht perfektionistischen Fotos aus Klassenzimmer bzw. Einzel-Training und von der Aufbruchsstimmung, die dadurch entsteht, dass man hier beim Lesen an das Menschen- und Berufsbild erinnert wird, das man im Schulalltag und mit zunehmendem Dienstalter immer wieder verloren glaubt.
Die beklagenswerten Ursachen werden hier nicht lediglich anders verpackt, z.B. mit der bewusst umgangssprachlich formulierten Kritik, „wie kopfbetont, wie yangig, wie faktenbezogen unser Wissen, unsere Art zu lernen ist“ (S.110). Es werden auch keine Plattheiten wiedergekäut, z.B. mit der philosophisch-medizinisch abgeleiteten Forderung, wieder mehr Alltagspraxis, mehr Ruhe, mehr Möglichkeiten zur Selbst-Erfahrung in den Schulalltag einzubauen.

Die scheinbar all- und altbekannten Überlegungen bekommen vielmehr eine klarere und effektivere Stoßrichtung, dadurch dass sie auf dem Grundprinzip aufbauen, das im Untertitel vielleicht anfangs unverständlich geblieben ist: auf dem Grundprinzip vom „Fluss kosmischer Energie“, praktisch greifbar durch „Qigong im westlichen Bildungsalltag“ (zweiter Untertitel).
Hier stellt sich die Frage, ob der Titel als Ganzes, sowohl das Bild als auch die dreifache Titelei, überhaupt optimal wiedergibt und erreicht, was das Buch tatsächlich enthält. Das Titelfoto ist grandios (man möchte hier wie bei den Bildern im Buchinneren zu gerne wissen, woher...)[3], aber richtig einschätzen kann diese ganze äußere Aufmachung nur, wer das Buch schon gelesen hat – und zum Lesen sollte das Äußere eines Buches ja erst einmal ver-führen...
Beim Einstieg ins Lesen selbst wird man nämlich, im Gegensatz zum äußeren Erscheinungsbild des Buches (bzw. zu dadurch evozierten Erwartungen), zunächst einmal feststellen: Der Verfasser ist bei seinem Ausblick auf mögliche Veränderungen einerseits bescheiden, wenn er damit vor allem im Grundschulbereich ansetzen will und dort vor allem auf konkrete Qigong-Praxis hinzielt, an Beispielen vorgeführt im Kapitel „Praktische Energieübungen“. Aber: andererseits und gleichzeitig ist er notwendigerweise unbescheiden, wenn er mit seinem konkreten Appell beim Einzelnen ansetzt. Denn seine ausführlichen und gut belegten Klagen über die Fehlentwicklungen in der schulischen Bildung münden in so scheinbar einfachen Aussagen wie dieser (S.113):

„Wagen wir erste Schritte in diese Richtung, indem wir beispielsweise Qigong praktizieren, auch oder besonders im Bildungsalltag [...] Wie vieles andere im Leben muss Qigong getan, geübt werden, man kann es nicht lesen oder pauken. Freuen wir uns darauf, uns ganz praktisch immer näher zu kommen und besser kennen zu lernen“.

Nun ist es heraus: der Verfasser ist offenbar selbst so eine Mischung aus den Gegensätzen „Theorie / Praxis“, wie sie dringend gebraucht wird, um in den gegenwärtigen bürokratischen und output-betonten Scheinreformen wieder einen Blick für das Wesentliche zu bekommen. Und in guter daoistischer Tradition bietet vielleicht gerade dieses Scheinreform-Chaos eine Chance... Hatten wir nicht schon einmal so eine Gelegenheit zur „Subversion“ im staatlichen Bildungsprozess (damals berief man sich auf Elmar Altvater u.a.)!? J. Stuhlmacher öffnet, vielleicht sogar in Anspielung auf diese Ideen, einen solchen Ausblick, durch seine Querdenkerei über „flexiblere Menschen,[...] nicht nur Fachidioten“ (S.103): die Chance für solches notwendige Quer-Denken und Gegen-Steuern könnte z.B. in der Pseudo-Reform der sog. „eigenverantwortlichen Schule“ liegen – diese könnte ihre sog. „Eigenverantwortung“ dazu nutzen, im Überprüfen der scheinbar notwendigen Gegensätze nach dem Prinzip von Yin und Yang neue Verknüpfungen zu finden, z.B. durch eine „eigenverantwortliche“ Veränderung von scheinbar unveränderlichen Größen. Hier wird deutlich: Das Lesen des Buches (ver)führt einen schon zu vielen konkreten Fragen: Warum keine andere Rhythmisierung als der tradierte 45min.-Takt? Warum nur Benotungskategorien in alten Gegensatzpaaren (schriftlich / mündlich, theoretisch / praktisch usw.)? Warum Fortbildung fürs Kollegium, wenn überhaupt, nur fach- oder methodenbezogen – warum nicht auch mal ein Qigong-Seminar? Praktische Hinweise zu solchen Veranstaltungen bieten übrigens die letzten beiden Seiten des Buches! Es enthält tatsächlich eine Fülle zum Denken und Tun. Man muss es `nur´ lesen und sich in Schwung bringen (lassen)!

[1] Problematisch wird das „wir“ nur in einzelnen Passagen, wenn die Zeitläufte, leider, schon eine Schraubendrehung weiter sind (m.E. noch schlimmer geworden) und das hier dem Verf. noch selbstverständlich erscheinende Gemeinsame sich unter dem Druck der Verhältnisse weiter aufgelöst hat. Das gilt schon bei der Charakteristik der Jugendliches als `Yang´ für eine nicht mehr mit `Yang´ zu erklärende Übermotorik und Aggressivität, die den `yangigen´Bewegungsdrang unter den äußeren / inneren Bedingungen von heutiger Schule zu Leerlauf, Überdrehtheit, Lärmmaschine verkommen lässt, so wie auch die Kindheit als ganzes Lebensalter.... Auf der `Yin´-Seite ein ähnliches Problem, dass nämlich immer weniger Erwachsene, vor allem im erzieherischen Beruf, diese Charakteristik des Lebensalters noch auf sich beziehen können, selbst ohne den Extremzustand des `burnout´. Und ganz praktisch sind sie, leider, auch schon einen Schritt weiter im Elend der scheinbaren Bioldungsreform, weil ihnen heute nicht mehr „20mal junges, seltener altes Yang“ gegenüber sitzt, sondern 30 und mehr ... Auch die Gewissheit der „wir“-Gemeinsamkeit mit den Schülereltern (z.B. S.101/102) bröckelt rapide, da sie nach meiner Erfahrung nicht mehr in der Lage sind, in dieses „wir“ einzustimmen, weil sie selber im Strudel stecken, keineswegs auf dem Weg zum `Yin´, das sie als Eltern brauchten... Ebenso neu diskussionsbedürftig erscheinen mir die Überlegungen zur Notengebung (S.122f.), die leider durch neue Entwicklungen, vom Verwaltungsgericht bis zu Internetseiten wie „spickmich.de“, ad absurdum geführt werden.
[2] Sehr verdienstvoll, im Vergleich zu vielen anderen Darstellungen aus diesem Bereich, ist die durchgehend zweigleisige Berücksichtigung der historisch verschiedenen Schreib- (weil Sprech-) Weisen für die Grundbegriffe, bis hinein ins Glossar, das vielleicht noch ein paar Ergänzungen gebrauchen könnte, z.B. zum „Dritten Auge“ (S.104), zum Prinzip des „Wu Wei“ (S.25), zum „Gong“ (S.7) – wie überhaupt eine Neuauflage vielleicht die Möglichkeit bietet, das Inhaltsverzeichnis und das Glossar mit Seitenzahlen zu versehen.
[3] Habe ich die Bildnachweise einfach übersehen oder doch mit Grund vermisst?